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Die russische Kirchenmusik – Ursprünge und Entwicklung

Russische Kirchenmusik

Die Ursprünge der russischen Kirchenmusik entstanden mit der Christianisierung Russlands. Der Anfang dieser geistlichen Musik im alten Russland, ist gleichzeitig mit der Annahme des Christentums als Staatsreligion durch den Großfürsten Wladimir (978-1015) im Jahre 988 zu datieren.
Nachdem Großfürst Wladimir in Сhersonesos (Byzanz) getauft wurde, nahm er bulgarische Sänger mit sich, die ihm vom Byzantinischen Patriarch und Kaiser übergeben wurden. Auch mit seiner neuen Gattin, Großfürstin Anna, kamen nach Kiew griechische Sänger.
Alle slawischen Völker waren schon immer sehr musikbegabt, so auch das russische Volk. Bei jeder Gelegenheit, ob bei Feldarbeiten, Krieg, Festen, Bestattungen und einfach so, wurde gern gesungen. Daher war die russische Gesangskunst bereits in frühen Zeiten recht gut entwickelt.
Russische Volkslieder richten sich nach dem Mehrgesang (Polyphonie) und deshalb wurde nach der Christianisierung Russlands auch sehr bereitwillig die Tradition der kirchlichen, byzantinischen Gesangskunst übernommen. Seit unvordenklichen Zeiten gestattete die griechisch-orthodoxe Kirche im Gottesdienst nur vokale Musik – das Singen. Diese Tradition wurde in die russisch-orthodoxe Kirche übernommen und fand damit Eingang in die russische Kirchenmusik.

Im 11. Jahrhundert setzten griechische Gesangslehrer in Russland das Achttonsystem (Oktoechos) durch. Daraus entstanden Gesangsschulen in Smolensk, Nowgorod, Wladimir und anderen Städten Russlands sowie verschiedene Chöre.
In den Anfängen des russisch-orthodoxen Kirchengesangs bestanden die Notentexte aus zwei Teilen, einem slawischen und einem griechischen Text. Diese Form hatte bis zum 13. Jahrhundert bestand, da die ersten Regenten der russisch-orthodoxen Kirche griechischer Herkunft waren und meist nicht sehr gut die slawische Sprache beherrschten.
Bis heute gibt es daraus Überbleibsel, denn in den Gesängen der Regenten (beispielsweise den Patriarchen) findet man immer noch die griechischen Worte „Ispolaeti Despota“, was „Ruhm und Dank dir, Herr“ bedeutet.

Notenzeichen der altertümlichen Gesangsbücher

Die Notenzeichen der altertümlichen Gesangsbücher sind visuell Haken ähnlich. Sie sind meist über dem Text geschrieben und ohne jegliche Lineatur. Diese Schreibweise ist auch für altgriechische und mittelalterliche europäische Notenzeichen üblich und weist auf ihre gemeinsame Herkunft hin.
Die Haken wurden vom 11. Jahrhundert bis zum 13. Jahrhundert angewendet. Mit den Notenzeichen wurde nicht nur die exakte rhythmische Größe und Bedeutung der Töne definiert, sondern auch ihre relative Höhe. Dadurch wurde es dem Sänger möglich, sich an die Melodie zu erinnern, die ihm in der Gesangsschule eingeprägt wurde.
Heute ist der Schlüssel zum Verständnis der Mehrzahl dieser Hakenarten verloren gegangen, weshalb zahlreiches Material über alte Kirchengesänge nicht mehr entschlüsselt werden kann.
Erst Ende des 16. Jahrhunderts wurde ein System von Zeichen erfunden, das die genaue Höhe der Töne bestimmte. Die Haken als Notenzeichen sind heute nur noch bei Altgläubigen und einigen ähnlichen Sekten zu finden.
In der russisch-orthodoxen Kirche wurde das Hakensystem von den europäischen, runden Notenzeichen abgelöst. Diese europäischen Notenzeichen setzten sich während der Herrschaft von Peter dem Großen im alten Russland endgültig durch.

Infolge des „Mongolensturms“ kam es von 1242 bis in das 15. Jahrhundert zum Verlust der politischen Unabhängigkeit der russischen Länder und ihrer andauernden Abhängigkeit vom turko-mongolischen Reich der Goldenen Horde. In dieser Zeit verfiel die gesamte Kultur Russlands auf einen Tiefststand. Diese Erscheinung ließ sich auch beim Gesang beobachten. Das führte im Jahre 1503 zu einer Anordnung, wonach stellenlose Diakone und Priester ihren Dienst in Chören weiterzuführen hatten, da sie durch ihre Ausbildung an geistlichen Schulen sehr sachkundig im Singen waren.

Iwan IV. (1530-1584), auch genannt Iwan der Schreckliche, war der erste Großfürst von Moskau, der sich zum Zaren von Russland krönen ließ. Als ein großer Liebhaber des Kirchengesangs komponierte er selbst einige Stücke. Im Jahre 1551 machte er das ökumenische Konzil auf den zunehmenden üblen Zustand des Kirchengesangs aufmerksam und legte damit den Grundstein für neue Gesangsschulen. Daraus gingen viele talentierte Meister des Kirchengesangs hervor, von denen jedoch leider nur ihre Namen überliefert wurden.

Arten des Singens
Griechische Art des Singens

Die griechische Art des Singens kam in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts, teils aus Griechenland, von den südlichen Slawen und süd-westlichen Bruderschaften, die mit den Griechen in Kontakt standen, nach Russland. Oft teilten Slawen und Griechen auch das Kloster. Wie beispielsweise auf der Halbinsel Krim, die früher zu Byzanz gehörte, später jedoch ein Teil Russlands wurde. Auch kam er mit östlichen Patriarchen, die früher oft die russisch-orthodoxe Kirche leiteten.
Diese Art des Singens darf jedoch nicht mit dem ersten Gesang in Russland verwechselt werden, der sich nach dem griechischen Achttonsystem richtete und mit den Jahren völlig anpasste – sie „verrusste“.

Bulgarische Art des Singens

Mit den Sängern der süd-westlichen Bruderschaften und anderen Einwanderern aus der südwestlichen Rus, kam im 17. Jahrhundert die bulgarische Art des Singens nach Russland, blieb jedoch vorwiegend auf dieses Jahrhundert beschränkt, obwohl sie sich schnell ausbreitete. Die bulgarische Gesangsart hatte recht originelle Wendungen, die dem slawischen Volkslied ähnlich waren. In nur wenigen geistlichen Liedern blieb diese Art des Gesanges bis heute erhalten.

Portessingen

Das Portessingen kam Ende des 17. Jahrhunderts und Anfang des 18. Jahrhunderts nach Russland. Italienische Meister und südwestliche Russen, die vom Westen beeinflusst wurden, brachten diese Gesangsart mit. Sie ähnelt dem italienischen und europäischen Operngesang. Peter der Große liebte diese Art des Singens und nahm öfters sogar selbst am Singen teil. Dabei sang er die Bass- und auch Tenorpartitur.
Im Jahre 1797 wurde das Portessingen jedoch vom Zaren Paul und der Heiligen Synode verboten. Seither ist das Portessingen für die Entwicklung der russischen Gesangskunst nicht mehr von Bedeutung

Obwohl alle diese Arten des Singens die russische Gesangskunst bereicherten und auch teilweise prägten, ging dabei deren Originalität und Einzigartigkeit nicht verloren. Die russische Kirchenmusik ist einmalig und kann mit nichts auf der Welt verglichen werden.

(Literatur – nach Material auf „ruvr.ru“)